Es ist wichtig und nützlich, dass Du in deiner Story Spannung erzeugen kannst. Denn wer keine Spannung erzeugen kann, verliert sein Publikum. Wer jedoch Spannung erzeugen kann, der muss niemanden dazu auffordern, ihm zu folgen; die Leute werden ihm ganz von selbst hinterherlaufen.
Heute lernst Du 9 Methoden, dein Publikum zu fesseln.
Spannung durch Sprache
mit Wörtern Spannung aufbauen
Plötzlich bist Du hellwach, denn auf einmal wird Dir klar: Der einfachste Weg, Spannung zu erzeugen, ist das Wort. Mit einem Schlag eröffneten sich Dir Phrasen und Wörter, die augenblicklich alles verändern konnten. Vollkommen unerwartet war die Situation von jetzt auf gleich eine ganz andere als noch vor wenigen Sekunden.
Diese Wörter und Phrasen versetzen uns in Alarmbereitschaft, denn genau jetzt passiert etwas, das unsere ganze Aufmerksamkeit erfordert. Dieser Augenblick, diese plötzliche Wendung wird kurz und knapp angekündigt und wirft uns anschließend direkt ins Geschehen.
“Ein Schatten näherte sich ihm von hinten. Dann stach er zu. Anschließend verschwand er.”
Das klingt wie eine Aufzählung von Fakten. Besser ist:
“Plötzlich näherte sich ihm ein Schatten von hinten. Unvermittelt stach der Schatten zu. Augenblicklich verschwand er wieder.”
mit Bildern Spannung aufbauen
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, heißt es. Doch Worte können auch ihrerseits Bilder erschaffen.
“Er war verletzt und hatte Schmerzen.”
Das ist ziemlich abstrakt und vage formuliert. Wenn der Text hauptsächlich aus dieser Art von Beschreibungen besteht, dann wird er das Publikum schnell langweilen oder anstrengen, weil man sich einfach zu viel selber zusammenreimen muss.
“Gekrümmt und mit verzerrter Miene hielt er sich den Bauch, die Augen weit aufgerissen. Blut bahnte sich seinen Weg durch seine Finger und tropfte auf das Parkett unter ihm.”
So sehen wir ihn vor uns, wir können ihm seine Schmerzen ansehen, ohne dass sie erwähnt werden mussten. Wir wissen, wo er verletzt ist und dass es eine blutende Wunde ist. Wir hören förmlich die Tropfen aufschlagen.
Wir lesen nicht einfach davon, wir sind dabei!

Figuren
Hauptfigur mit Du-Faktor
Eine interessante Hauptfigur mit Ecken und Kanten macht die Geschichte spannender als eine vage ausgearbeitete Gestalt, die sich immer gerade so verhält, wie die Story es braucht. Letzteres wirkt unglaubwürdig und zu offensichtlich konstruiert.
Und natürlich fiebern wir umso mehr mit einer Person mit, mit der wir uns identifizieren können, in der wir uns wiedererkennen. Mit einem gut ausgearbeiteten Charakter, eigenen Gefühlen und einem eigenen Kopf kann sogar ein Toaster eine Figur sein, mit der wir uns identifizieren können, oder auch eine Statue.
Wichtig hierfür ist, dass die Hauptfigur trotzdem gewisse Gemeinsamkeiten mit uns ausweist, durch die wir uns in die Figur hineinversetzen können. Daher denke immer daran, dass in den meisten Geschichten nicht Du der Held sein solltest, sondern dein Publikum.
“Er taumelte gegen das Regal und warf dabei das Bild um, auf dem seine Kinder zu sehen waren. Trotz seiner Verletzungen stellte er das Bild wieder auf und wischte einen Blutstropfen ab, der daran klebte.”
Ja, für unsere Liebsten nehmen wir Leid in Kauf und stellen deren Wohl über unseres. Die Hauptfigur offensichtlich auch. Wie sympathisch!
lebendige Nebenfiguren
Wenn nur die Hauptfigur ausgearbeitet ist, die Nebenfiguren aber einfach nur da sind, um wie Zahnräder die Story auszuführen oder die Hauptfigur in die richtige Richtung zu lenken, dann ist das so spannend wie eine Brotschneidemaschine: Wir sehen, wie eine Scheibe nach der anderen fällt, bis schließlich das Ziel erreicht ist – eingetütet und gut. Macht 1 Euro 50.
Sehen wollen wir stattdessen eine lebendige Welt, unvorhersehbar und aufregend.
Denn nicht jede Figur wurde geboren, um dem Helden zu helfen. Auch nicht jeder Feind ist gegen alles, was der Held verkörpert. Und nicht jeder steht ganz klar auf der einen oder der anderen Seite. Und nicht alle bleiben für immer auf einer Seite.
Jeder Charakter sollte seine eigenen Ziele haben, sein eigenes Weltbild und seine eigenen Werte. Jeder Charakter sollte nach Verwirklichung streben und die Möglichkeit haben, zu wachsen, wie die Hauptfigur selbst.
Natürlich ist die Story konstruiert, aber das Publikum will die Show sehen, nicht das Uhrwerk dahinter.
“Der Freund des Helden war in so vielen Dingen anderer Meinung als er. Es war schon erstaunlich, dass sie sich nicht täglich stritten. Manchmal taten sie es, doch sie rafften sich immer wieder zusammen.”

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Storyline
Konflikt
Je größer der Konflikt, umso mehr Spannung. In einer Welt, in der es nichts zu tun gibt und in der es keine Probleme gibt, langweilt schnell. Ein Problem muss her, das es zu lösen gilt.
Ein Konflikt, der einfach nur da ist und dann gelöst wird, ist das nächst langweilige Ding.
Lass sich den Konflikt entwickeln. Bevor er gelöst wird, muss er sich steigern und verschärfen. Lass den Held scheitern, wiederholt und auf verschiedenen Wegen. Der Versuch einer Lösung mag sogar weitere Konflikte auslösen.
Vielleicht entsteht sogar ein Dilemma – es scheint nur zwei Lösungen zu geben, und beide bringen einen schweren Nachteil mit sich. Die Hauptfigur muss sich entscheiden, entweder ihr lang erträumtes Lebensziel aufzugeben oder die neu gefundene Liebe. Wie wird sie sich nun entscheiden?

Handlung
Ganz ermüdend ist es, wenn sich die Dinge von allein erledigen. Plötzlich stirbt der Erzfeind an einem Herzinfarkt und alle Probleme lösen sich auf. Die Hauptfigur wird König und kann die Prinzessin heiraten, und dieser ist auch nicht mehr wichtig, dass der Held mit seiner dubiosen Vergangenheit abschließt.
Nein, die Hauptfigur wird erst dadurch zum Helden, dass sie mit aller Kraft darum kämpfen muss, ihre Ziele zu erreichen – und dabei ständig mit dem Scheitern konfrontiert wird, wenn nicht sogar mit dem Tode! Und der Erzfeind hat plötzlich auch noch einen Freund, der sich gegen den Helden stellt. Die Prinzessin nimmt nicht nur Abstand davon, den Helden heiraten zu wollen, sie ist auch noch immer in die Liebe ihrer Kindheit verliebt, und plötzlich taucht diese Person wieder auf. Umso mehr hat der Held zu tun, wenn er seine Ziele erreichen will.
Held wird man erst durch die Überwindung von Gefahren und durch das Bestehen der Prüfungen, die ihm das Schicksal auferlegt hat.
Überraschung
Überraschung hält wach. Wer überrascht wird, reißt die Augen auf. Der Puls beschleunigt. Plötzlich ist da ein Schatten hinter der Tür. Selbst als Leser saugen wir hörbar Luft ein, um im Notfall mit ausreichend Sauerstoff versorgt zu sein, auf alles reagieren zu können. Solche Mechanismen sind in uns allen verankert und werden ausgelöst, wenn wir tief genug in der Story drin stecken.
Der Erzfeind ruft seinen Freund zur Hilfe. Dieser tritt aus der Dunkelheit hervor – oh nein, es ist derjenige, der dem Helden bisher immer geholfen hat. Er genießt das Vertrauen der Hauptfigur, doch nun wissen wir, dass er dieses Vertrauen missbrauchen wird, um ihm zu schaden.
Unterbrechung der laufenden Handlung
Nun ist es so weit: Held und Erzfeind rennen aufeinander zu, jeder zieht seine Waffe, beide springen in die Luft, holen aus und…
Währenddessen sammelt die Prinzessin gerade Äpfel im Garten und unterhält sich mit ihrer besten Freundin darüber, unter welchen Umständen sie bereit wäre zu heiraten.
Was? Wie geht es denn jetzt mit dem Helden und dem Erzfeind weiter? Aber nicht nur, dass wir damit einfach stehen gelassen werden. Die Worte der Prinzessin bereiten uns zusätzlich darauf vor, dass ein weiterer Konflikt sich anbahnt, wenn der angehende Held sie heiraten will – sofern er natürlich die nächsten Sekunden überhaupt überlebt.
Doch jetzt fragt die beste Freundin der Prinzessin auf einmal, ob diese ihre alte Liebe endlich überwunden hätte. Die Prinzessin holt scharf Luft und macht große Augen. Sie schluckt. Wie wird sie antworten?
Nun, an einem anderen Ort passiert zur gleichen Zeit folgendes…
Dies sind Cliffhanger. Der Name kommt von folgendem Bild: Jemand hängt gerade an einer Klippe und droht abzustürzen. Und plötzlich ist die Szene, das Kapitel, die Folge oder der Film vorbei und wir müssen auf die Fortsetzung warten. Das steigert die Spannung.
Wenn die nächste Szene auch mit einem Cliffhanger endet, dann haben wir schon zwei Situationen, deren Auflösung wir gebannt entgegenfiebern. Man soll eben aufhören, wenn es am spannendsten ist.
“Tension”
narratives Wissen, oder der Mörder hinter der Tür
Wir wissen nun etwas, was die Hauptfigur noch nicht weiß. Als Leser hat uns die Story einen einzigartigen Überblick über die Geschehnisse verschafft. Wir müssen nun hilflos dabei zusehen, wie der Held in sein Verderben läuft. Die Spannung steigt.
Würden wir die Hauptfigur einfach dabei beobachten, wie sie nach Hause geht, dann langweilt uns das. Eine solche Handlung darf getrost übersprungen werden. Aber nun wissen wir, dass sich der frisch rekrutierte Helfer des Erzfeindes hinter der Haustür des Helden versteckt und mit einer gezückten Waffe im Schatten auf ihn wartet. Jeder Schritt des Helden in die Richtung, in welcher wir das Verderben erwarten, steigert die Spannung.
Zeigarnik-Effekt – etwas offen lassen
Wie kann es sein, dass dieser Charakter sowohl der Freund des Helden als auch der Freund des Erzfeindes ist? Oder löst sich die Situation ganz anders auf, und in Wirklichkeit ist er nur dem einen ergeben und täuscht den anderen? Dies ist etwas, was der Leser erfahren sollte. Was ist die Geschichte dieser Person? Was sind seine Motive? Können wir ihn vielleicht sogar verstehen, wenn wir es erfahren?
Wenn wir uns eine Aufgabe vornehmen oder eine unbeantwortete Frage haben, dann nennt man das in der Psychologie den Zeigarnik-Effekt. Denn der Verstand merkt sich diese Aufgabe oder Frage, und das kostet Energie. Das hält so lange an, bis die Frage beantwortet oder die Aufgabe erledigt wird.
Wenn nun die Gestalt im Schatten den Helden niederstreckt oder ihm stattdessen nur demonstrativ den Dolch an den Hals setzt, um auf die Gefahr aufmerksam zu machen, in welcher dieser steckt, dann löst sich die Energie. Der Charakter erklärt sich und unsere Fragen sind beantwortet.
Doch nicht immer muss alles aufgelöst werden. Manche Fragen düfen dem Leser oder Zuhörer auch bohrend im Kopf bleiben. Wäge ab, ob Du ihm das zumuten kannst oder lieber eine Erklärung lieferst.
Aber gewisse Antworten können vielleicht auf eine Fortsetzung warten, und für so manche Hintergrundinformation mag es nachhaltig aufregend sein, wenn sie nie geklärt wird.

Abspann
Ein Sprint endet nicht an der Ziellinie, als würde man gegen eine Mauer laufen. Man bremst langsam ab und kommt allmählig zum Stillstand.
Wenn alles aufgelöst ist, was für die Story aufzulösen war, dann ist ein allzu apruptes Ende ebenfalls unelegant. Ein paar Informationen dürfen noch folgen, wie denn nun das Leben für die Figuren weitergeht, um die so eifrig geweckte Neugier über die ganze Story hinweg nun auch zu befriedigen. Lass dein Publikum nicht im Regen stehen. Führe es mit freundlichen Erklärungen sanft zum Ausgang, bis sie bereit sind, sich zu verabschieden.
Was war eigentlich die spannendste Geschichte, an die Du Dich erinnerst? Sei es ein Buch oder ein Film – Es wäre doch spannend, unsere verschiedenen Antworten hier zu sammeln und die Gemeinsamkeiten all dieser Stories zu untersuchen.
Schreibe deine Antwort einfach in die Kommentare.
Ganz entspannt.
Ende.
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